5. Deutsche Anlagenbuchhalter-Tagung

Bericht über die 5. Anlagenbuchhalter-Tagung

Bereits zum fünften Mal traf sich die Community der Anlagenbuchhalter/-innen zu einer zweitägigen Tagung in den Räumlichkeiten der Unternehmensgruppe Freudenberg in Weinheim an der Bergstraße. Die Veranstaltung, organisiert vom BVBC, der EMAA und der Freudenberg IT ist eine feste Größe im jährlichen Seminarkalender. Hier werden von begehrten Spezialisten der Anlagenbuchhaltung und der IT Informationen vermitteln, die die Teilnehmer selbst zu Experten dieser teils schwierigen und umfangreichen Thematik werden lassen.

Thilo Liebermann, Business Unit Director der Freudenberg IT Solution Consulting SE & Co. KG begrüßte als Gastgeber die mehr als 100 Teilnehmer. Er stellte die Freudenberg-Gruppe, Freudenberg IT und die verschiedenen Produkte des Unternehmens vor. Da die Veranstaltung im Besucherpavillon stattfand, lud er die Gäste zu einem Rundgang durch die hochinteressante Ausstellung im Untergeschoss ein.

Axel Uhrmacher, Vizepräsident des BVBC, begann seine Grußworte humorvoll und hatte damit die Lacher gleich auf seiner Seite. Er hieß die Gastgeber, Referenten und Teilnehmer herzlich willkommen und stellte den BVBC, dessen Aufgaben und Ziele vor.

Uwe Jüttner, Präsident der EMAA, stellte das umfangreiche Programm der beiden Tage vor, gab Hinweise auf das ausgelegte  Informationsmaterial und den organisatorischen Ablauf. Er erläuterte, dass in diesem Jahr die Handwerkzeuge der Anlagenverwaltung, wie Bilanzierungsrichtlinien und Aktivierungsleitlinien nach IFRS, HGB und Steuerrecht vorgestellt werden. Um Risiken und Schwächen in den Arbeits- und Ablaufprozessen feststellen und dokumentieren, bzw. diese abstellen zu können, ist eine leicht verständliche visuelle Darstellung der Prozesse unumgänglich. Kontrollmechanismen müssen die Risiken auf ein Minimum reduzieren. Wie solche Hilfsmittel aufgebaut und angewendet werden können, damit diese der Internen Revision oder der Wirtschaftsprüfung standhalten, soll diese Tagung den Teilnehmern aufzeigen, so Jüttner weiter.

Jüttner begann dann auch gleich mit dem ersten Fachvortrag über die Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden. Dabei bezog er sich auf das BMF-Schreiben vom 18.07.2003, welches sich mit der Abgrenzung von Anschaffungskosten, Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen bei der Instandsetzung und Modernisierung von Gebäuden auseinandersetzt. Jüttner erklärte die Begrifflichkeiten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft und Funktionstüchtigkeit, wobei zwischen objektiver und subjektiver Funktionsuntüchtigkeit unterschieden werden muss. Die Hebung des Standards stellte er mit zahlreichen Bildern und praktischen Beispielen vor. Wann liegt eine Erweiterung, Substanzmehrung, Nutzungsänderung oder eine wesentliche Verbesserung vor? Was passiert, wenn eine Sanierung in Raten, also auf einen längeren Zeitraum verteilt, ausgeführt wird? Alle Fragen wurden geklärt oder mit den Teilnehmern rege diskutiert, selbst die Pausen wurden zum fachlichen Austausch intensiv genutzt.

Der zweite Fachvortrag, ebenfalls von Uwe Jüttner vorgestellt, beschäftigte sich mit dem Komponentenansatz nach IFRS und deren Anwendungsmöglichkeit im HGB und Steuerrecht. Während das Steuerrecht den Komponentenansatz bislang strikt ablehnt, besteht im Handelsrecht seit dem 01.01.2010 und dem BilMoG – Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz die Möglichkeit der Anwendung. Jüttner stellte anhand eines Beispiels den Unterschied zwischen dem Komponentenansatz und der Bildung einer Aufwandsrückstellung vor. Auf besonderes Interesse stieß bei den Zuhörern die Vorstellung einer Tabelle von Lebensdauern von Bauteilen und Bauteilschichten sowie deren Anwendung bei Erstellung eines neuen Gebäudes. Der Komponentenansatz kann nur bei großen Anlagen oder Gebäuden mit signifikanten Komponenten, die darüber hinaus deutlich unterschiedliche Nutzungsdauern haben und die im Rahmen einer Gesamtnutzungsdauer ein- oder mehrmals ersetzt bzw. generalüberholt werden, zur Anwendung gebracht werden. Nicht nach dieser Methode zu bilanzieren sind kleinere Wartungs- und Reparaturarbeiten an einem Vermögensgegenstand.

Diplom-Finanzwirt und Steuerberater Wolfgang Börstinger ging in seinem Kurzvortrag auf die Bilanzierung immaterieller Vermögensgegenstände und Wirtschaftsgüter ein. Er erklärte die Begriffe „Rechte, rechtsähnliche Werte und sonstige Vorteile“ anhand zahlreicher Beispiele. Insbesondere die Bewertung und Bilanzierung von selbsterstellten immateriellen Vermögensgegenständen nach HGB und Wirtschaftsgütern nach StR sowie nach IFRS wurden von ihm erläutert.

Auf besonderes Interesse stieß bei den Teilnehmern der Vortrag von Diplom-Informatiker Edel Konrad Rosenberger, der die Anlagenbuchhaltung in der SAP-Anwenderpraxis vorstellte. Wie funktioniert die Anlagenunternummer, was ist ein Anlagenkomplex, wie können Umbuchungen und Umsetzungen großer Datenmengen elegant umgesetzt werden, wie gelingen Wertkorrekturen, Zuschreibungen und Nachaktivierungen und welche Spezialfunktionen kennt das SAP-System zur Massenverarbeitung? Rosenberger zeigte anhand zahlreicher Bildschirmbilder, welche Möglichkeiten das System bietet, auch wenn viele Anwender diese aufgrund der stark eingeschränkten Benutzerrechte gar nicht sehen können.

Am Abend gab es die Möglichkeit zum einem „get together“ im Delano Beach Restaurant in Weinheim, welches ein Großteil der Teilnehmer auch rege nutzten.

Der zweite Tag begann wiederum mit einem Vortrag von Uwe Jüttner, der den „Werkzeugkasten der Bilanzierung“ vorstellte. Er erklärte nach einer Einleitung in das Thema, wie Bilanzierungsrichtlinien (Accounting Rules) für Konzerne, Großunternehmen und KMUs aufgebaut, wie Aktivierungsleitlinien im Anlagevermögen erstellt werden und welche Inhalte in ein Inventurhandbuch für das Anlagevermögen gehören. Die Bilanzierungsrichtlinien sollen den Mitarbeitern und externen Abschlussprüfern der einzelnen Gesellschaften des Konzerns Hilfestellungen bei der Bilanzerstellung geben. Jüttner nannte zahlreiche Beispiele für detaillierte Richtlinien:

  • Begriff des Vermögensgegenstandes
  • Bewertung des Anlagevermögens
  • Behandlung von Subventionen, Zuschüssen und Zulagen
  • Bewertung von EDV-Programmen, Software
  • Bewertung von GWGs
  • Nutzungsdauern
  • Bilanzierung anderer aktivierter Eigenleistungen usw.

Ziel eines Inventurhandbuches ist es, einen Überblick über das Identifikations- und Inventurverfahren im gesamten Anlagevermögen einer Unternehmung zu geben. Es wird beschrieben, welche Gruppen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens durch eine Barcodelabel-Identifikation kenntlich gemacht werden und in welchen Fällen ein Datenblatt ersatzweise dem Kostenstellenverantwortlichen übergeben wird. Ebenso wird erläutert, bei welchen Gruppen von Wirtschaftsgütern auf eine Identifizierung verzichtet wird. Es beschreibt weiterhin die Vorgehensweise bei der Anlageninventur, welche Vereinfachungen und Erleichterungen zur Anwendung kommen.

Wie läuft eine Anlageninventur in einem Großunternehmen ab? Diese Frage wurde von Emine Caliskan und Sandra Hübner vom Düsseldorfer Flughafen souverän beantwortet. Zunächst stellten die beiden Damen den drittgrößten Flughafen Deutschlands und zahlreiche Daten vor. Ein Kurzfilm mit zahlreichen Events des Flughafens gab einen kleinen Einblick über das Geschehen auf einem solch großen Flughafen. Das eine Anlageninventur auf einem derart großen Gelände nicht einfach ist, erklärt sich von selbst. Die Erwartungshaltung an ein barcodegestütztes Anlageninventursystem war groß. Jedoch konnte das System der Freudenberg IT diese Erwartungen mehr als gerecht werden. Das Fazit war imposant:

  • Heute ist das gesamte Anlagevermögen mit Barcodelabels ausgestattet
  • Akzeptanz der Anlageninventur in allen Bereichen des Flughafens
  • Der Flughafen Düsseldorf würde diesen Schritt immer wieder gehen
  • Eine Inventur anhand von SAP-Bestandslisten ist gar nicht mehr vorstellbar

Wie Unternehmen Prozesse dokumentieren und überwachen können, war der Inhalt des nächsten Vortrags von Uwe Jüttner. Er erklärte den Aufbau und die Erstellung von Prozessbeschreibungen, beschrieb eine effiziente Kennzahlenanalyse (KPIs) im Anlagevermögen, die Gegenüberstellung mit einem Business Case und die Stärken-Schwächen-Analyse sowie revisionssichere Prozesskontrollen (Key controls), wie sie in größeren Unternehmen heute zum Tagesgeschäft gehören.

Uwe Vogt, Dipl.-Wirt.-Ing. (FH), erklärte den Teilnehmern, was sich hinter dem SOX – Sarbanes-Oxley Act verbirgt. In den USA gab es zwei große Bilanzskandale: 2001 beim Unternehmen Enron und 2002 beim Unternehmen Worldcom. Als Reaktion darauf wurde das US-Bundesgesetz „Sarbanes-Oxley Act of 2002“ erlassen, welches nach seinen Verfassern benannt wurde und am 30.7.2002 in Kraft trat. Gebräuchliche Abkürzungen sind „SOA“ und vor allem „SOX“. Ziel ist es, die Wiederherstellung des Vertrauens der Anleger in die Richtigkeit der veröffentlichten Finanzdaten von Unternehmen zu erreichen, die den US-amerikanischen Rechtsvorschriften unterliegen. In Deutschland sind von diesem Gesetz betroffen, Unternehmen deren Wertpapiere an einer US-Börse gehandelt werden und deutsche Tochterunternehmen US-amerikanischer Gesellschaften. SOX will die Neuregelung der Verantwortlichkeiten von Unternehmensmanagern, eine verschärfte Haftung der Wirtschaftsprüfer, strengere Anforderungen an die Richtigkeit von veröffentlichten Finanzdaten und eine Präzisierung des Verhältnisses zwischen Abschlussprüfer und Mandant.

Wolfgang Börstinger und Uwe Jüttner gaben im Anschluss ein Wissens-Update für Anlagenbuchhalter. Dazu gehörten die Herstellungskosten im Steuerrecht, Bewertung von Updates und Upgrades und ein Überblick über das BMF-Schreiben vom 16.07.2014 zur Teilwertabschreibung.

Den Abschluss der Vortragsreihe gestaltete Axel Uhrmacher, indem er über Sprachbarrieren im Rechnungswesen referierte und wie diese zu überwinden sind. Es ist nicht immer einfach, dass Fachjargon zu verstehen. Wenn dann noch sprachliche Barrieren beispielsweise ausländischer Mitarbeiter hinzukommen, dann kann es schnell zu Missverständnisses kommen. Daher ist es wichtig, immer wieder nachzufragen, ob das Gesagte so auch verstanden wurde, wie es gemeint war.

Zum Schluss dankten die Organisatoren allen Teilnehmern für deren Kommen sowie den Referenten für deren fachliche Ausführungen und dem Gastgeber Freudenberg IT für die Bereitstellung der Räumlichkeiten. Schon jetzt sollten sich Anlagenbuchhalter den Termin für das nächste Jahr vormerken: 20. – 21. Oktober 2015.

Uwe Jüttner
EMAA-Präsident