Dürfen ausländische Steuerexperten in Deutschland Mandanten beraten? (EuGH)

0/10.2015 / 14:27 Uhr

Dürfen ausländische Steuerexperten in Deutschland Mandanten beraten? (EuGH)

 EUGH Deutsche Steuerberater könnten bald Konkurrenz aus dem Ausland bekommen. Darauf deuten die Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hin (Rechtssache C-342/14). Dass eine in einem anderen EU-Mitgliedsstaat niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft nicht für Mandanten in Deutschland arbeiten dürfe, verstoße gegen den freien Dienstleistungsverkehr, meint Cruz Villalón.Deutschland verstoße damit gegen den freien Dienstleistungsverkehr (EuGH, Schlussanträge v. 1.10.2015 in der Rs. C-342/14).

Hintergrund: Hintergrund des Verfahrens ist eine entsprechende Vorlagefrage des BFH. Dieser hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob eine ausländische Steuerberatungsgesellschaft mit Niederlassung in einem anderen EU-Mitgliedstaat vom Ausland aus Steuererklärungen für nach deutschem Recht steuerpflichtige Personen erstellen und an die Steuerbehörden übermitteln darf. Diese Berechtigung besteht nach deutschem Berufsrecht regelmäßig nicht (BFH, Beschluss v. 20.5.2014 – II R 44/12).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine britische Kapitalgesellschaft mit Sitz in Großbritannien und Niederlassungen in den Niederlanden sowie in Belgien. Gegenstand des Unternehmens ist die Wirtschaftsberatung, Steuerberatung und das Rechnungswesen. In Deutschland ist sie nicht als Steuerberatungsgesellschaft zugelassen. Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin sind die in Deutschland ansässige S und der in Belgien ansässige Y. Y war früher in Deutschland als Steuerberater bestellt, seine Bestellung wurde jedoch widerrufen. Die Klägerin berät mehrere in Deutschland ansässige Mandanten in steuerlichen Angelegenheiten und tritt für diese in steuerlichen Verwaltungsverfahren auf.

Hierzu führte der Generalanwalt weiter aus:

  • Die deutsche Regelung unterwirft die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen durch eine Steuerberatungsgesellschaft einem Regime der vorherigen Genehmigung, die ihrerseits die entsprechende berufliche Qualifikation der Leitungsorgane dieser Gesellschaft voraussetzt.
  • Damit nimmt sie einer Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, in dem diese Tätigkeit befugt ausgeübt wird, ohne reglementiert zu sein, jede Möglichkeit, ihre Leistungen in Deutschland zu erbringen und stellt daher eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Art. 56 AEUV dar.
  • Der Zweck der Reglementierung, den Verbraucher vor falscher Beratung zu schützen, kann nur dann eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen, wenn sie dem Anliegen gerecht wird, das erstrebte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.

Im Streitfall lässt sich insoweit feststellen, dass § 4 StBerG eine große Zahl von Personen aufzählt, die zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind, ohne über eine entsprechende Berufsqualifikation zu verfügen (z.B. Notare, Patentanwälte, Vermögensverwalter, Berufsvereinigungen, Lohnsteuerhilfevereine, Arbeitgeber, inländische Kapitalanlagegesellschaften oder ausländische Kreditinstitute). Diesen Personen ist offensichtlich gemeinsam, dass sie im Rahmen ihrer Haupttätigkeit zusätzlich zur Hilfeleistung in Steuersachen berufen sein können.

  • Unter diesen Umständen kann man schwerlich behaupten, dass die deutsche Regelung die Empfänger von geschäftsmäßigen Hilfsleistungen in Steuersachen in systematischer und kohärenter Weise schützt.

Quelle: EuGH online

Hinweis: Den Text der Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalön finden sie auf den Internetseiten des EuGH. Das endgültige Urteil des EuGH wird wohl noch einige Monaten auf sich warten lassen. Zumeist folgt der EuGH darin aber den Schlussanträgen seiner Generalanwälte.