Mehr Rechte für selbstständige Bilanzbuchhalter

15.10.2020 – Mehr Rechte für selbstständige Bilanzbuchhalter:

BVBC führt Gespräche in Berlin

Regelmäßig steht der BVBC im Austausch mit Ministerien und Abgeordneten. Die letzten Gespräche führte BVBC-Geschäftsführer Markus Kessel im September mit CDU-Politiker Olav Gutting (Finanzausschuss) und Vertretern des Bundesfinanzministeriums.

„Es ist frustrierend, weil das proaktive Handeln im Anschluss ausbleibt“, sagt BVBC-Geschäftsführer Markus Kessel, wenn er von der angestrebten Änderung des deutschen Steuerberatungsgesetzes spricht. „Die Kompetenzen selbstständiger Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhalter müssen vom Gesetzgeber nicht nur wahrgenommen und verstanden, sondern vor allem ernstgenommen und freigesetzt werden.“ Seine Forderungen diskutierte Kessel zuletzt im September in zwei Gesprächsterminen, die der Verband im politischen Berlin organisiert hat.

Austausch mit dem Finanzausschuss

Am Dienstag, 15. September 2020, traf der BVBC-Geschäftsführer auf Olav Gutting (CDU), seit 2004 ordentliches Mitglied im Finanzausschuss des Bundestags. Neben seinem politischen Amt ist Gutting selbst als Rechtsanwalt tätig und baut nach eigener Angabe in seiner Kanzlei auf mehrere selbstständige Bilanzbuchhalter in freier Mitarbeit. Der Kontakt zu dem Abgeordneten kam über die Mittelstandsallianz zustande, zu deren Gründungsmitgliedern der BVBC seit 2013 gehört.

„Ich freue mich, dass sich Olav Gutting Zeit für den gemeinsamen Austausch genommen hat. Unsere Themen waren ihm nicht fremd. Vielmehr äußerte er Verständnis und in vielerlei Hinsicht auch Zustimmung“, resümiert Kessel. „Überrascht hat mich das jedoch nicht. Wir bekommen seit Jahren gespiegelt, dass unsere Forderungen bekannt sind und viele Abgeordnete einer Änderung der aktuell praxisfernen Gesetzeslage beipflichten. Wenn es jedoch konkreter wird und um Abstimmungen geht, zählt oft nur die Parteimeinung. Das lässt sich quasi auch als Quintessenz aus diesem Gespräch festhalten.“

Doch wer bestimmt die Parteimeinung? Oder: Wie viele Fürsprecher braucht es, bis diese kippt? „Wie viele Gespräche wir führen müssen, bis wir die ganze Partei hinter uns haben, kann wohl keiner so genau sagen. Unser Ziel ist aber, möglichst viele politische Kontakte zu erreichen und Überzeugungsarbeit zu leisten – das geht im persönlichen Austausch, aber auch mit Mailing-Aktionen oder Ähnlichem. Mein Eindruck ist, dass es am Ende weniger um die sachlichen Argumente und das Verständnis geht, sondern schlicht um den persönlichen und parteipolitischen Willen, sich gegen Widerstände einer größeren Lobby durchzusetzen. Klar ist: Nächstes Jahr stehen wieder Bundestagswahlen an und unsere Forderungen müssen über die verschiedenen Parteiprogramme einen Weg in den späteren Koalitionsvertrag finden – wie auch immer dieser aussieht und von welchen Parteien er verhandelt wird“, bekräftigt Kessel.

Termin im Bundesfinanzministerium

Nur zwei Tage nach dem Gespräch mit dem CDU-Abgeordneten stand der nächste politische Termin im Verbandskalender. Vereinbart war ein Gespräch mit Mitarbeitern des Bundesfinanzministeriums (BMF). Darunter:

  • Rolf Möhlenbrock (Abteilung IV: Steuerabteilung – direkte Steuern)
  • Hans-Ulrich Misera(Unterabteilung IV A: Steuerpolitik; Steuerreform; Grundsatzfragen des Steuerrechts; Koordinierung Steuergesetzgebungsvorhaben; Umweltbezogene Steuer und Abgabenpolitik; Steuerverfahrensrecht; Steuerberatung; Steuervereinfachung; Steuervollzug; Organisation und Automation)
  • Nadine Danewitz (Referat IV A 4: Abgabenordnung – Buchführungsvorschriften, Steuerstrafrecht; RPA; BRH; LRH; Steuerberatungsrecht; GO-Bund/Länder)
  • Kerstin Rademacher(Unterabteilung III C: Umsatzsteuer und Verkehrsteuern – national und international – einschl. EU-Harmonisierung; Versicherungsteuer)

Um den weiteren Austausch hatte Kessel gebeten, nachdem der Verband dieses Jahr bei mehreren Gesprächsrunden der Mittelstandsallianz mit Vertretern des BMF gesprochen hatte (vgl. News vom 03.03.2020 und vom 14.07.2020). Aufgrund terminlicher Kollisionen fand der Termin letztlich als Viererrunde statt. Kessel reiste mit BVBC-Rechtsbeistand Matthias Pruns an, vom BMF waren Dr. Rolf Möhlenbrock sowie Nadine Danewitz vor Ort.

„Herr Dr. Möhlenbrock hat sein Wort gehalten: Die Vereinbarung eines Folgetermins nach unseren Videokonferenzen war unproblematisch. Und auch nach diesem Termin hat er uns klar signalisiert, den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen zu wollen“, berichtet Kessel. „Es wurde deutlich, dass der BVBC im Vergleich zu anderen Institutionen im Ministerium und bei den entscheidenden Mitarbeitern als seriöser Gesprächspartner mit entsprechender Fachexpertise wahrgenommen wird. Frau Danewitz hat einige unserer Eingaben, wie beispielsweise die Einführung einer Versicherungspflicht oder das Festmachen erlaubter Tätigkeiten an gewissen Betragsgrenzen der Abgabenordnung zu orientieren, mitgeschrieben und nach eigener Aussage als wertvollen Input mitgenommen.“

Das persönliche Gespräch vor Ort hat verdeutlicht, dass es insbesondere auf ministerialer Ebene neben den juristischen Fakten vor allem darum geht, die Zuständigen von lösungsorientierten Maßnahmen zu überzeugen. Die kritische Haltung gegenüber einer Erweiterung der Befugnisse selbstständiger Bilanzbuchhalter begründen die BMF-Vertreter vor allem mit der Komplexität der Umsatzsteuer. „Diese Vorbehalte müssen wir entkräften – und das ist uns bei unserem letzten Gespräch sicherlich zum Teil bereits gelungen“, resümiert Kessel.  Überzeugungsarbeit wird der Verband allerdings nicht nur auf Bundesebene leisten müssen. „Um etwas zu ändern, müssen wir auch die Finanzminister der Länder mit ins Boot holen.“

Die nächsten anstehenden Termine:

  • 29. Oktober 2020: Teilnahme am Parlamentarischen Abend des Bundesverbands Mittelständische Wirtschaft (BVMW) zum Thema „Steuern und Finanzen“
  • 30. Oktober 2020: Teilnahme an der „Themenwerkstatt Finanzen“ der Mittelstandsallianz
  • 23. November 2020: Termin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) mit Staatssekretär Prof. Dr. Christian Kastrop (im Rahmen der Mittelstandsallianz)

 

Indes bleibt offen, ob und inwiefern eine Änderung des Steuerberatungsgesetzes Auswirkungen auf die Berufsfreiheit selbstständiger (Bilanz-)Buchhalterinnen und Buchhalter haben könnte. Mit einem sechs Seiten starken Schreiben hat sich daher BVBC-Präsident Jörg Zeyßig am Mittwoch, 07. Oktober 2020, an Ilze Juhansone, Generalsekretärin der Europäischen Kommission, gewandt und auf die Unverhältnismäßigkeit des StBerG nicht nur vor europäischem, sondern auch vor nationalem Hintergrund aufmerksam gemacht. Zeyßig bekräftigt die Einschätzungen der Kommission und bittet um Unterrichtung über den weiteren Verlauf des Verfahrens.

Lesen Sie hier den Brief an die EU-Kommission.